Freitag, 13. Oktober 2017

Albanien – Berat

Am nächsten Morgen sieht Jim aus dem Fenster und sieht am Ufer des Flusses zwei einheimische Angler. So schnell können wir gar nicht gucken, wie der sich dann angezogen hat und draußen ist. Da die Angler ein ganzes Stück weg sind und ich erst kurz Bedenken habe deswegen, machen wir aus, dass er sofort kommen muss, wenn wir ihn rufen. Er verspricht es und zieht von dannen. Eine ½ Stunden später kommt er strahlend und prompt auf´s erste Rufen wieder. Das gleiche klappt nach dem Frühstück nochmal. Wenn es um´s Angeln, geht kann Jim sooooo brav sein. 
Für uns Eltern ist es hier immer ein Abwiegen zwischen Jim laufen lassen und die Gefahren abschätzen. Wir denken, dass er tendenziell deutlich mehr Freiraum hat, als die meisten gleichaltrigen Jungs daheim. Es wird spannend werden, wenn er daheim wieder auf andere, unterwegs nicht so sehr vorhandene, Grenzen stoßen wird. Wir stehen ja doch recht häufig wild und meist an landschaftlich wirklich reizvollen Plätzen. Und an diesen kann Jim sich meist frei bewegen und läuft dabei unter anderem auch recht weit weg von uns und dem Laster. Kann Feuer machen, die Natur entdecken, Steine und dergleichen sammeln, auf Bäume und Felsen klettern, mit anderen Kindern und Menschen (meistens welche, die eine ihm fremde Sprache sprechen) in Kontakt kommen, angeln gehen, im Wasser tauchen und schwimmen und natürlich angeln.
Wir bekommen immer wieder von anderen Reisenden gesagt, dass Jim für sein Alter sehr fit, offen und weit entwickelt sei. Wir haben ja keinen Vergleich. Zumindest nicht unterwegs. Und Vergleiche zwischen der Entwicklung von Kindern zu ziehen, sollte man sowieso sehr mit Vorsicht tun, da jedes Kind anders ist und damit auch seine individuelle Entwicklung.
Jim jedoch stellt schon immer wieder recht intelligente und erstaunlich überlegte Fragen, die uns immer wieder mal verblüffen. Wir sind gespannt, wie sich die Dinge entwickeln, wenn wir wieder daheim sind und welche Auswirkungen diese Reise wirklich auf Jimmys und auch auf Mayas Entwicklung haben werden.

Wir fahren wieder aus dem Flussbett heraus und weiter über Elbasan gen Berat.
Irgendwo auf der Strecke halten wir und kaufen an der Straße an einem Stand Olivenöl. Das haben wir in Marokko so viele Male gemacht und immer war das Öl gut bis sehr gut. Nie haben wir darüber nachgedacht, dass es schlecht sein könnte, so sein Öl zu erstehen. Also haben wir völlig naiv, so unser Öl in Albanien wieder gekauft und dieses noch nicht mal vorher probiert. Wir sind schon wieder ein ganzes Stück unterwegs, als ich dann doch mal eine Flasche (denn wir haben ja gleich zwei davon erstanden, weil wir Olivenöl reichlich brauchen) öffne und nur mit dem kleinen Finger hinein tauche und diesen ab schlecke....häääähhhh...schmeckt aber irgendwie seltsam. Etwas streng. Gut. Dann halt etwas anders als in Marokko. Und habe nicht länger darüber nachgedacht. 
Keine ½ Stunde später plagen mich Magenschmerzen und als wir kurz darauf in Berat auf dem Berat Caravan Camp (ein sehr schöner und gepflegter Platz mit europäischem Standard und Restaurant) ankommen, geht es mir richtig schlecht. Ich muss mich mehrfach übergeben und habe Durchfall. Da ich sonst einen Saumagen habe und es mir magentechnisch höchst selten schlecht geht, gibt mir das zu denken. Ich überlege, was ich gegessen habe und irgendwie kommt mir das Olivenöl in den Sinn. Echt??? Von solch einer homöopathischen Dosis solch eine Reaktion??? 
Ich erzähle es der Besitzerin des Platzes, die eben auch Olivenöl aus eigener Produktion verkauft. Oh je, meint sie nur. Niemals Olivenöl in Albanien an der Straße kaufen. Da seien häufig kriminelle Menschen dabei, die unter schlechtes Öl Farbstoffe und dergleichen mischen, damit es gut aussehe. Und da helfe es auch nicht, vorher zu probieren, weil sie einem dann eine andere Flasche mitgeben würden. Ich bin völlig baff. Was, wenn wir zu Mittag bereits einen Salat oder dergleichen für die Kinder davon gemacht hätten?? Mir wird schlecht. Ich kippe das Öl weg und kaufe bei der Frau zwei neue Flaschen. Mir geht es schon kurz darauf wieder völlig gut und so war deutlich klar, dass es eben eine Vergiftung war und nicht, wie erst vermutet, eine Krankheit.

Ich versuche, in den nächsten Tagen, möglichst vielen anderen Reisenden davon zu erzählen und sie zu warnen, ihr Öl hier nicht am Straßenrand zu kaufen. Möchte nicht wissen, wie es einem ergeht, wenn man mehr davon erwischt wie ich. Wochen später erfahre ich von einer reisenden Spanierin, dass es aufgrund ähnlicher Vorkommnisse vor 30 Jahren in Spanien mehrere Tote gegeben hätte, weil jemand irgend einen Scheiß in das Olivenöl gepanscht hat. Gruselig.

Anselm meinte noch, dass er gute Lust hätte, zurück zu fahren und sich den Händler vor zu knüpfen. Aber das wären gute 100km Umweg für uns und ich habe keine Lust auf solch einen Stress. Möchte lieber schönes sehen und erleben.

Also machen wir uns am nächsten Morgen auf in die Innenstadt von Berat.
Dafür stellen wir uns unweit vom Campingplatz an die Straße und warten, bis der erste Kleinbus mit Aufschrift Berat heran fährt. Per Handzeichen stoppt man diesen und zahlt ca. 80Cent pro Erwachsener für ca. 10km Fahrt. Wir steigen noch in den Stadtbus um, wo mich ein älterer Albaner ganz offen anmacht und es dann erst mal nicht wahr haben möchte, als ich auf seine Frage, ob ich alleine unterwegs wäre, zu meinem Mann und meinen beiden Kindern deute, die in diesem Moment ein paar Sitze weiter weg Platz genommen haben. Er bleibt charmant und zeigt uns die richtige Haltestelle für uns zum aussteigen und wünscht uns einen schönen Aufenthalt in seinem Land.

Die Kinder, die bisher nur selten öffentliche Verkehrsmittel benutzen durften, finden das Fahren mit diesen super spannend und so versuchen wir, dies immer wieder in unser Ausflüge mit ein zu bauen. Zudem finden wir auch, dass man die Städte und Menschen anders erlebt, wenn man auch ihre Verkehrsmittel nutzt. Man sieht so ungezwungen ein Stück Lebensalltag in den verschiedenen Ländern und kann die Menschen ein wenig näher beobachten und erleben.

Und dann sind wir mitten drin in der nächsten UNESCO Weltkulturerbe Stadt Albaniens BERAT mit ihren Jahrhunderte alten berühmten osmanischen Altstadtvierteln. Die Stadt liegt an einer strategisch äußerst günstigen Engstelle am Eingang zur Ebene, an der der Osum mit einer weiten Flussschleife einen von Süden kommenden Gebirgsausläufer durchbricht. Hier entwickelte sich über zwei Jahrtausende die Kala genannte Stadtfestung, die noch heute eine der wenigen bewohnten Burgen auf dem Balkan ist.

Wir sehen uns heute das osmanische Viertel, dass am äußeren Teil der Flussschleife liegt an und laufen dann über die neue Brücke, um uns auch das christliche Viertel im inneren der Schleife ein wenig anzusehen. Von beiden Seiten des Flusses hat man jeweils auf die andere Seite des Ufers spektakuläre Ausblicke.









Das ganze Ausmaß erfasst man aber eben erst von der Burganlage Kala aus. Von dort oben sieht man die ganze Flussschleife, den alten und neuen Stadtteil und weit in die Ebene bis hin zu den Bergen. Wir parken dafür am zweiten Tag unseren Laster in der Stadt unten und lassen uns mit dem Taxi zur Burg hoch fahren. Wir sehen uns ausgiebig um, genießen den herrlichen Ausblick und laufen dann mit den Kindern nur noch nach unten, zurück zum LKW.






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