Montag, 14. August 2017

Marokko gen Norden – Chefchauen und Akchour

Von Tizgane ist es nur noch ein Katzensprung nach Chefchauen und so erreichen wir nach 50km die Berge hinauf, den Campingplatz Azilan etwas oberhalb der Stadt.
Dort richten wir uns nur schnell ein und laufen dann über steile Wege in die Innenstadt hinab. Da wir hungrig sind, stürzen wir uns auf das erst beste Lokal und tun etwas für Blutzuckergehalt und Stimmungsbarometer. Wohl gestärkt, können wir uns dann den ersten Gassen und Winkeln dieser blauen Perle (so wird Chefchauen auch genannt) widmen.






Die Stadt schmiegt sich an die Hänge des Riff Gebirges und die verwinkelten Gassen, Stege und Plätze sind schon sehr alt und werden in direkte Verbindung mit der andalusischen Stadt Vecher de la Frontera (Südspanien) gebracht.
Warum genau sie blau angemalt ist, bekomme ich nicht mehr ganz zusammen. Ich weiß nur, dass es etwas mit bösen Geister fernhalten und angeblich auch mit Schutz vor Moskitos zu tun haben soll. Jedenfalls ist der Großteil der Gebäude in der Medina (Altstadt) in allen blau Tönen angemalt und die Bewohner sind quasi ständig dabei, die Farbe zu erneuern. An manchen Stellen kommt man sich vor, wie ein Fisch in einem Aquarium. Sehr faszinierend. Das gefällt auch den Kindern sehr und die vielen vielen vielen Katzen im Ort sowieso. 
 













Da Chefchauen ein starker Touristenmagnet ist, finden wir hier auch wieder viele touristisch geprägte Läden und vermehrt eben auch weitere Touristen. Trotzdem hat sich der Ort seine Ausstrahlung und Identität behalten. Wenn man hinter all die Souvenirshops sieht, bekommt man schöne Einblicke in das Leben dieser Stadt und seiner Menschen und zudem ist es hier möglich, zu Schauen und zu Schlendern, ohne zum Kauf gedrängt zu werden. Sieht man von den vielen Versuchen ab, uns Hasch verkaufen zu wollen (die Jungs ließen es nach einem „Nein danke“ aber auch gleich wieder gut sein), kann man völlig unbehelligt durch den Ort schlendern und einfach nur staunen. Nicht selbstverständlich in Marokko. Und daher kaufen wir am Ende auch ein wenig ein, da es schöne Dinge wie Decken und Jacken aus schöner reiner Schurwolle für unschlagbare Preise gibt. Zudem leckerer Honig aus dem Riff, getrocknete Feigen, Olivenöl und schönes aus Messing (in meinem Fall eine simple halbrunde Kerzenhaube mit Löchern, die ein schönes Muster an die Wände und Decke werfen). Wir sind überrascht über die recht fairen und kaum überzogenen Preise in den Läden und Restaurants.
















Müde und zufrieden über die ersten Eindrücke, nehmen wir uns ein Taxi und lassen uns den steilen Berg hinauf zum Camp für 15DH zurück fahren. Perfekt.
Es gefällt uns hier gut. Hier bleiben wir ein paar Tage.
Wir haben auf dem Platz super nette Kontakte zu anderen deutschen Reisenden und verbringen mit diesen nette austauschende Abende und auch jeweils zwei weitere schöne Spaziergänge durch die Medina. Ich darf sogar einmal davon alleine mitziehen und Anselm wagt sich in das Abenteuer „Freibad in Marokko allein mit zwei Kleinkindern“.
Weil das Bad sich als mittel schwere Katastrophe heraus stellt, wirkt er nach diesen drei Stunden fast ein bisschen traumatisiert. Die Vorstellungen von Sicherheitsvorkehrungen und einfachsten Komfortvorstellungen gehen hier und daheim in Süddeutschland schon weit aus einander.

Dann bekommen wir noch eine richtiges menschliches Drama mit auf dem Camp.
Schon bei unserer Ankunft parkt dort ein weißes französisches Wohnmobil. In keinster Weise ungewöhnlich. Weil es das einzigste ist, fällt es eben doch kurz auf.
Am zweiten morgen dann der Beginn eines großen unglaublichen Dramas. Lautes wütendes Geschrei auf Französisch tönt herüber von dem Mobil. Okay, die haben sich in den Haaren. Weil wir das durchaus kennen, achten wir nicht weiter darauf. Ist privat. Dann fängt der ältere Mann an, das Mobil gröber auszuräumen. Auch das noch nicht ungewöhnlich. Machen wir auch immer wieder bei Aktionen wie „Wo, verdammt noch mal, war diese blöde Schraube???“ oder ähnlichem...
Als dann aber seine völlig schwankende und nur bedingt bekleidete Frau aus dem Mobil aussteigt und zwischen all den ausgeladenen Dingen, einem Hund und einer Katze zum sitzen kommt, er kurz mit dem Campingplatzmanager redet und dann mit dem Mobil weg fährt, finden wir die Situation dann doch seltsam.
Als klar wird, dass der Mann gerade eben seine Frau ausgesetzt hat, laufe ich rüber zu der schluchzenden Frau, um zu sehen, ob Hilfe nötig ist. Beim näher kommen wird schnell klar, die Frau ist völlig betrunken und weiterer Alkohol steht in Reichweite. Da die Frau nur ein kurzes Nachthemd trägt und sonst nichts, suche ich in den Dingen um sie herum schnell nach einer Hose für sie, die sie dann auch dankbar annimmt und sogleich anzieht.
Der Campingplatzbesitzer macht ein ratloses Gesicht, denn der Mann dieser Frau hat ihm gerade ein riesiges Problem überlassen und er wirkt auf mich so, als ob er versteht um was es geht, aber jetzt auch erst mal nicht weiß, was zu tun ist. Ich helfe ihm, in den Sachen nach persönlichen Dingen wie Papiere, Geld, Wertgegenständen und Medikamenten zu suchen. Von letzterem finden wir sehr viele. Ich bin dem Französischem leider noch immer nicht mächtig. Aber der Manager spricht Englisch und so gebe ich ihm zu verstehen, dass ich an seiner Stelle, einen Arzt dazu rufen würde, weil ich keine Ahnung habe, ob das Medikamente wären, die eventuell wichtig sein könnten. Zudem finden wir einen Behinderten Ausweis der Frau und keinen müden Cent. Wow...wie heftig verzweifelt muss ein Mann sein, seine Frau so hilflos aus zusetzten??? Ich will das in keinster Weise verurteilen, weil wir nicht wissen, welche Vorgeschichte hier rein spielt. Klar ist, es geht um Alkoholsucht. Und das ist nicht lustig. Am wenigsten für die direkten Verwandten, weil die gerne in sogenannte Co Abhängigkeiten rutschen und lange mit aller Kraft versuchen den Betroffenen zu schützen und damit dessen Sucht nur unterstützen. Als der Manager versucht, über das Handy der Frau die Kinder derer zu erreichen, legen diese nach den ersten Worten sofort wieder auf. Krass. Den Mann erreicht man einmal noch kurz und da teilt er mit, dass er bereits am Fährhafen von Tanger sei und nicht gedenke zurück zu kommen.
Mich macht diese Szene sehr nachdenklich. Der Mann hat einfach alles ausgeladen, was seiner Frau gehörte...da waren Klamotten, Lebensmittel, Kosmetik, Schuhe, der Hund, die Katze, alles Zubehör zu den Tieren, ein Staubsauger, Medikamente, diverse Reiseandenken, viel privates, einfach alles...ausgeladen und allein gelassen. Die beiden waren sicher Mitte Ende 70. Wie lange mögen sie schon nebeneinander her gelebt haben, wann ist ihre Alkoholsucht dazu gekommen und warum oder war sie der Auslöser???
Wir können hier nichts machen. Wir gehen mit Oskar spazieren und nehmen den kleinen Hund mit und sorgen dafür dass Hund und Katze zu fressen und zu trinken haben. Der Manager lässt die Frau in eine der Bungalows des Platzes einziehen, da es heute auch noch anfängt ein wenig zu regnen und zieht einen Arzt hinzu. Als wir nach einer knappen Woche weiter fahren, ist die Frau noch immer da und wir bekommen nicht mehr mit, wie ihre Geschichte weiter geht.

Wir lösen uns nur schwer von dem netten Städtchen und fahren dann auch gar nicht weit (ca.35km) in ein Seitental nach Akchour. Dort soll es Wasserfälle und ein Felsentor geben, zu dem man über einen schönen Weg hinlaufen kann. Da nur eine kurze Info im Führer dazu zu finden ist, sind wir über den riesigen Parkplatz und Andrang etwas überrascht. Nun gut. Egal. Jetzt sind wir hier und sehen uns das Ganze auch mal an.
Als erstes läuft man an einigen Saftverkäufern und Souvenirständen vorbei, bevor es wirklich an den Wasserlauf geht. 




Der Weg ist interessant für die Kinder, da es über Stege; Brücken, Treppen und Felsen, vorbei an Wasserfällen, Seen, Gumpen und Wasserläufen geht. Die Massen verlieren sich recht schnell und so wird das Ganze dann doch echt schön. 





Nur der Weg wird immer anspruchsvoller über Felsen, Brücken, Steine durch eine tiefe Schlucht und da es schon recht spät ist, bleibt Anselm mit den Kids am Fluss und ich laufe schnell alleine bis zu dem Felsentor, was wirklich wunderschön ist und die Strecke dorthin sowieso. Ich beeile mich, so dass Anselm den Weg auch noch schaffen kann. 







 

Dann machen wir uns auf den Rückweg und trinken in einem der zahlreichen kleinen Cafes und Restaurants am Fluss einen leckeren Minztee und genießen diese zauberhafte Location noch ein wenig.












Ein lohnenswerter Ausflug, den man definitiv nicht erst am Nachmittag starten sollte, da man sonst Stress bekommt mit dem doch etwas anspruchsvolleren Weg gegen Schluss und zahlreiche kleine Cafes zur Rast und zum Verweilen einladen in der Schlucht. 
Wir fahren nur wenige Kilometer zurück und finden auf dem einfachen Camp Akchour einen Platz für die Nacht.
Hier baden wir mit den Kindern am nächsten Tag ausgiebig in den zahlreichen kleinen Pools, Wasserfällen und Becken des Flusses, die hier zum Teil auch künstlich angelegt wurden. Weil es so Spaß macht, bleiben wir noch eine Nacht.





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