Langsam
aber sicher drängt uns unser grober Zeitplan gen Norden weiter zu
fahren.
Nur
ungern trennen wir uns von der noch immer schön warmen Küste
Griechenlands und dem Mittelmeer. Wir wissen, dass es weiter oben und
zudem in den Bergen, schon deutlich frischer sein wird. Da wir keinen
Stress bekommen wollen und uns auf jeden Fall auch mit ein wenig Zeit
die Felsen und Klöster von Meteora ansehen wollen, drücken wir
heute aufs Gas und düsen über 200km gen Norden, wo wir in Kastraki
das Camp Vrachos anfahren, das in Sichtweite der spektakulären
Felsenwelt von Meteora liegt. Der Platz ist recht groß, sogar mit
Pool (den wir am ersten Nachmittag noch nutzen...dann ist es auch
hier zu frisch zum baden) und sonst allem, was man benötigt. Wir
richten uns ein, denn hier haben wir wieder ein paar Tage Zeit.
Jim
radelt wie ein Weltmeister über den Platz und da sein Rad ,durch die
vielen Monate hinten auf dem Gepäckträger, mittlerweile in recht
desolaten Zustand ist, setzt es ihn mehrfach und er zerschlägt sich
übel seine Knie. Er ist ziemlich frustriert und will am liebsten ein
neues Rad. Wir können im Nachbarort einen Fahrradladen finden und
richten die Bremsen und Griffe an seinem Rad. Dann klappt es wieder
deutlich besser.
Da
wir keinerlei Infomaterial zu Meteora dabei haben, laufe ich in den
Nachbarort zu einer Touristeninformation. Die ist dann aber wenig
hilfreich, weil man mir hier nur eine teure geführte Tour andrehen
will. Auf so was haben wir nun mal so gar keine Lust. Schon fünfmal
nicht mit den Kindern. Mit denen wollen wir immer schön flexibel
bleiben und jederzeit neu entscheiden können, wie wir, was wann wo
machen.
Wir
haben aber auch keine Lust, die Gegend NUR mit dem Laster zu erkunden
und würden diesen gerne auf dem Platz stehen lassen als Basis. Die
öffentlichen Verkehrsmittel scheiden in unserem Fall auch aus, da
die nicht so ideal fahren und wir mit den Kids dann noch zu viel
laufen müssten. Nun ist guter Rat teuer.
Ein
Camp Nachbar bringt uns auf eine tolle Idee. Der hat sich einen
Roller für 22Euro den Tag geliehen und sich mit seiner Frau damit
die Umgebung angesehen. Leider bin ich bisher nur einmal selber
Roller gefahren, in Thailand. Und ich muss sagen, besonders wohl
fühlte ich mich schon dort nicht dabei. Hinten als Mitfahrerin bei
Anselm, kein Thema. Das macht Spaß. Anselm hat da gut reden. Der hat
ja auch den Motorradführerschein. Und mit Kind hinten drauf, traue
ich mir das schon gar nicht zu. Bei Thailand Aufenthalt 2 hatten wir
damals, zu dritt auf dem Roller, mit Jim einen Sturz. Es verlief zum
Glück für alle glimpflich ab, Jim hatte einen Helm auf und da der
Roller defekt war, konnte auch niemand von uns etwas dafür. Aber das
sitzt mir wohl noch in den Knochen.
Nun
gut. Dann entscheiden wir, uns die Gegend erst mal getrennt
anzusehen. Anselm düst mit Jim einen Tag lang durch das Areal der
Felsen Klöster und sieht sich auch eines von denen von innen an.
Jimmy ist super begeistert vom Roller fahren und bekommt gar nicht
genug davon. Anselm packt sogar mal beide Kids auf den Roller und
fährt so morgens Brötchen holen. Dabei quietscht auch Maya vor
Vergnügen. Das geht hier so in Griechenland. Nur passieren darf eben
nichts. Unsere Kids haben wenigstens noch ihre Fahrradhelme auf. Die
meisten griechischen Kids gar keinen.
Ich
bin einfach lieber zu Fuß unterwegs. Wenn möglich, auch mal
alleine. Und das geht hier mal wieder. Früh morgens, wenn die süßen
Kleinen und mein Liebster noch tief schlummern, mache ich mich mit
Hund Oskar auf den Weg zu den Felsen. Hier kommt mir wieder MapsMe
zur Hilfe, denn alle kleine Stege und Wege sind dort verzeichnet und
ich kann mich gut orientieren. Da ich ohne Plan, wohin es gehen soll,
los laufe, lande ich per Glück mitten in den Felsen oberhalb der
Ortschaft Kastraki und erlebe dort den Sonnenaufgang über den
Felsen.
Ich laufe weiter und komme zu einem kleinen Felsenschrein und
Felsenkapellchen weit oben auf den Felsen. Dort sehe ich einige
schöne Ikonen in verschiedener Form und noch ein kleines ein Stück
weiter oben steht ein Eisengerüst mit Glocken.Der Blick reicht weit
und tief. Wunderschön.
Ich
bin ja wirklich nicht religiös und will es in herkömmlicher Weise
auch überhaupt nicht sein. Aber irgendwie verleiten einen solche
Plätze trotzdem zu tiefer Ehrfurcht. Was ist denn das für ein
Wort??? EHRE??? FURCHT....kommt das von fürchten ??? Nein....das
passt nicht. Ich denke, nicht umsonst haben sich die Mönche in
früheren Zeiten solch grandios schöne Naturplätze ausgesucht für
ihre Klöster und Glaubensstätten. Aber heilig in dem Sinn waren sie
schon, bevor die Mönche kamen. HEILIG...kommt das von heilen???
Passen würde dies an einem solchen Platz. Denn die Natur vermag in
vielerlei Hinsicht zu heilen. Indem man, bei Bedarf, Teile aus hier
heraus nimmt und diese in verschiedener Weiße zu sich nimmt oder
anwendet, oder indem man sich einfach in hier aufhält und versucht,
sie war zu nehmen in all ihren Facetten. Dann kann sie auch heilen
und beruhigen. Oder einfach beflügeln. So geht es mir heute.
Unfassbar, wie schön die Welt sein kann, an solchen fantastischen
Plätzen und ich bin einfach nur dankbar, hier sein zu dürfen.
DANKE
UNIVERSUM, dass WIR reisen dürfen und damit an solch spezielle
Plätze kommen.
Trotzdem,
bleibe ich auch dankbar für die kleine Pausen OHNE meiner Familie.
SOOOO,
dass musste jetzt mal wieder raus.
Es
ist nicht NUR lustig 24 Stunden, 7 Tage die Woche und über 12 Monate
als Familie mehr oder weniger non stopp zusammen zu sein.
Ich
muss zugeben, es klappt besser, als ich mir manchmal vorher
vorstellte. Aber die persönlichen Freiräume von Papa und Mama und
an manchen Stellen auch die der Kinder, sind daheim anders und durch
die dortigen Betreuungsmöglichkeiten (Omas, Opas, Tanten, Onkels,
Freunde, Kindergarten ect.) einfach größer...so paradox das klingen
mag. Wir erleben es nach vielen Monaten on Tour so.
Zudem
kommt, dass wir mittlerweile auch kühlere Tage erleben, die Tage an
sich kürzer werden und es abends schnell frisch wird. Alle drücken
schneller und immer mehr IN den Laster hinein und dort wird es dann
schnell zu eng. Auch wenn wir jede Menge Platz um uns herum haben,
der Raum IN unserem Heim auf Rädern ist nur sehr begrenzt und macht
den Alltag mit den Kindern dadurch manchmal recht anstrengend. Wir
fangen an, unsere 90qm Wohnung daheim, mit fetter Terrasse, Garage
und Werkstatt, an manchen Tagen zu vermissen und werden diese sicher,
in wenigen Wochen, wieder sehr zu schätzen wissen.
Daher
sind solche kleinen Auszeiten, wie ich sie heute morgen erleben
durfte, so wichtig. Für Anselm sind wiederum andere Dinge wichtig.
Er schläft lieber länger aus mit den Kindern (die gerade wieder
unglaubliche Langschlafmützen sind und es gut und gerne bis 9:00 und
länger im Bett aushalten) oder dass er sich mittags mal für ein
kurzes Päuschen ablegen kann. Ich muss zwischendrin ganz raus aus
dem Geschehen.
Dann
kann ich meine Gedanken schweifen lassen, sortieren, neu ordnen,
durchatmen, genießen...bewusst genießen und wahrnehmen und
anschließend wieder vollgetankt mit Energie den Familien – und
Reisealltag gelassen schaukeln.
Ich
Glückspilz, komme am nächsten Morgen dann sogar nochmal los und
mache noch eine schöne Runde mit Oskar hoch zu den Felsen und komme
dabei an spannenden verlassenen Höhlenwohnungen und Eremitagen von
alten Klöstern oben in den Steilwänden vorbei. Neben an im Kloster,
sehe ich Mönche auf dem Balkon in der Sonne sitzen in ihren
schwarzen Kutten und mit ihren langen Bärten. Aus Respekt, wage ich
es nicht, sie zu fotografieren.
Ich
versteige mich dann etwas im Fels und muss umkehren, weil da kein Weg
mehr ist und es zu steil nach unten geht. Trotzdem wieder eine schöne
Runde in herrlicher Natur.
Wir
lernen auf dem Platz Celine aus der Schweiz kennen. Sie ist junge 25
Jahre alt und bereits seid März diesen Jahres mit ihrem Landy und
Hündin allein unterwegs und war unter anderem auch in Marokko. Wir
laden sie zum essen ein und erzählen uns bis spät in die Nacht von
unseren Reiseerfahrungen. Anselm und ich sind ganz beeindruckt von
Celine. Anselm, weil sie als Frau einen Landy fährt und sich zudem
auch noch auskennt mit diesem und ich, weil sie alleine unterwegs
ist. Sie macht einen wirklich taffen Eindruck, ist aber auch froh um
Gesellschaft und so laden wir sie ein, uns doch am nächsten Tag zu
begleiten. Wir wollen mit dem Laster zu den Klöstern hoch fahren.
Ich habe ja die großen noch nicht von Nahem gesehen und würde mir
gerne wenigstens eines von innen anschauen. Dann wollen wir noch eine
Nacht irgendwo auf dem Gelände wild stehen. Sie ist begeistert von
dem Vorschlag und so starten wir tags darauf zusammen durch.
Ich
habe wirklich nicht viele Infos zu den Klöstern an sich. Es sind
wohl insgesamt 24 Stück, davon sind noch sechs bewohnt und diese
sind auch zu besichtigen. Die restlichen 18 Stück sind entweder zu
schwer zu erreichen oder Einsturz gefährdet.
Nur
eines davon beherbergt Nonnen, ansonsten leben ausschließlich Mönche
in den Klöstern.
Die
ersten nachgewiesenen Einsiedeleien gibt es in Metéora seit dem 11.
Jahrhundert. Das Ganze ist also schon recht alt. Im Laufe der Zeit
bildeten sich daraus die einzelnen Verbände und Klöster.
Zudem
diente das Areal schon als Kulisse für diverse Filme, wie „James
Bond 007 in tödlicher Mission“ , oder „Die Abenteuer des jungen
Indianer Jones“.
Dass
das Ganze unter dem Schutz der UNESCO steht, versteht sich ja
irgendwie schon von selbst.
Im
Grunde ist es die Natur, die uns hier fasziniert.
Aber
die Klöster sind natürlich beeindruckend und so lasse ich es mir
nicht nehmen, eines von Nahem anzusehen. Wir wählen das aus, dass
für den James Bond Film als Kulisse diente.
Anselm
will nicht noch mal mit hinein und auch Jim bleibt lieber im Laster
und wartet auf uns. Celine lässt ihren Hund bei Anselm und so ziehen
wir Mädels alleine los. Maya marschiert tapfer die vielen Stege und
Stufen zum Kloster hinauf. Celine trägt Maya dabei immer wieder, da
ich es leider nicht mehr schaffe, mit meinen Hüften und Knien, Maya
über längere Strecken zu tragen.
Endlich
oben angekommen, sieht man im Inneren gar nicht so viel. Mönche
sehen wir z.B. gar keine. Aber gut. Die werden besseres zu tun haben,
als Fotomodell für Touristen zu spielen. Das allerheiligste, die
Kirche, mit ihren faszinierenden Wandmalereien, den hohen Holzstühlen
an der Wand und den goldenen Messrequisiten, darf man nicht
fotografieren und das wird auch überwacht.
Vom
Felsen außen hat man einen wirklich schönen Blick nach unten in das
Tal gen Kalambaka und natürlich hinüber zu den Felsformationen und
anderen Klöstern. Man zahlt an allen Klöstern 1,50 Euro Eintritt
und Frauen müssen Röcke tragen oder bekommen welche am Eingang
geliehen für den Besuch des Klosters, so wie heute Celine. Männer
sollten keine kurzen Hosen tragen. Ansonsten sind die Klöster an
sich schon recht her gerichtet für den Tourismus.
Wir
drehen mit den Fahrzeugen über die breite Straße noch eine große
Runde durch das Gelände, halten einige Male um schöne Bilder zu
machen und haben dann genug vom Touristentrubel. Wir suchen uns ein,
wenig abseits aber noch in Sichtweite zu den Felsen, ein Platzerl für
die Nacht.
Ich
nutze die Chance und laufe am nächsten Morgen nochmal eine schöne
Runde zu Fuß und sehe mir das Monks Prison an. Eine riesige hohe
Höhle mit uralten Eremitagen. Dabei habe ich wieder tolle Ausblicke
auf die anderen Klöster und die Felsformationen und komme durch
wunderschöne Eichenwälder.
Auf
den ganzen Wegen und Stegen, die ich in den letzten Tagen gegangen
bin (immer jeweils ca. 2-3 Stunden), sind mir kaum bis keine anderen
Menschen begegnet. Die lassen sich lieber mit den großen Reisebussen
direkt vor die Klöster chauffieren, um sich dann mit hunderten
anderen durch die engen Räume zu schieben. Da bin ich doch lieber
hier draußen alleine unterwegs und gucke mir die kleinen feinen
Dinge von Meteora an.
Anselm
und Celine gabeln mich wenig später an der Straße wieder auf.
Wir
machen nur ca. 10km weiter, an der sogenannten Theopetra Höhle, den
nächsten Halt.
An dieser Höhle befindet sich das älteste von Menschen errichtete
Bauwerk der Welt. Es handelt sich hierbei um eine Steinmauer, die
zwei Drittel des Eingangs der Höhle verschließt. Sie wurde vor
23.000 Jahren errichtet.
Wir
kommen an und das Gelände ist heute geschlossen. Toll. Wir drücken
uns am Zaun vorbei und können oben durch ein Gitter einen Blick in
die Höhle und die Mauerreste werfen. Auf den ersten Blick nichts
besonderes. Nur wenn man weiß, wie alt die Mauerreste sind, dann
wird es zu etwas besonderem.
Nun
düsen wir weiter gen Nordwest und erreichen über die Autobahn zügig
die Bucht von Thessaloniki. Dort suchen wir uns einen Platz am Strand
und verbringen unseren letzten Abend mit Celine, die von hier aus
morgen direkt nach Thessaloniki rein fahren wird und wir einiges an
Strecke vor uns haben Richtung Sophia in Bulgarien.
War
schön mit dir Celine. Danke.
Nachts
haben wir einen richtigen Sturm und es kühlt merklich ab. Wir
checken das Wetter für Sophia und leider lässt das nichts gutes
ahnen. Es wird kalt. Bäääähhhh.
Irgendwie
hatten wir die Hoffnung, dass es noch länger warm bleiben würde.
Nun gut. So ist es eben. Muss ja auch nicht so bleiben.
Wir
verabschieden uns von Celine und machen uns auf den Weg gen Norden.
Griechenland
hat es dieses Mal gut gemeint mit uns und wir haben Lust auf mehr
bekommen. So wird Griechenland in den nächsten Jahren sicher einmal
mehr zu unseren Reisezielen zählen.
Wir
kommen sicher wieder.
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