Albanien
– Berat
Am
nächsten Morgen sieht Jim aus dem Fenster und sieht am Ufer des
Flusses zwei einheimische Angler. So schnell können wir gar nicht
gucken, wie der sich dann angezogen hat und draußen ist. Da die
Angler ein ganzes Stück weg sind und ich erst kurz Bedenken habe
deswegen, machen wir aus, dass er sofort kommen muss, wenn wir ihn
rufen. Er verspricht es und zieht von dannen. Eine ½ Stunden später
kommt er strahlend und prompt auf´s erste Rufen wieder. Das gleiche
klappt nach dem Frühstück nochmal. Wenn es um´s Angeln, geht kann
Jim sooooo brav sein.
Für uns Eltern ist es hier immer ein Abwiegen
zwischen Jim laufen lassen und die Gefahren abschätzen. Wir denken,
dass er tendenziell deutlich mehr Freiraum hat, als die meisten
gleichaltrigen Jungs daheim. Es wird spannend werden, wenn er daheim
wieder auf andere, unterwegs nicht so sehr vorhandene, Grenzen stoßen
wird. Wir stehen ja doch recht häufig wild und meist an
landschaftlich wirklich reizvollen Plätzen. Und an diesen kann Jim
sich meist frei bewegen und läuft dabei unter anderem auch recht
weit weg von uns und dem Laster. Kann Feuer machen, die Natur
entdecken, Steine und dergleichen sammeln, auf Bäume und Felsen
klettern, mit anderen Kindern und Menschen (meistens welche, die eine
ihm fremde Sprache sprechen) in Kontakt kommen, angeln gehen, im
Wasser tauchen und schwimmen und natürlich angeln.
Wir bekommen
immer wieder von anderen Reisenden gesagt, dass Jim für sein Alter
sehr fit, offen und weit entwickelt sei. Wir haben ja keinen
Vergleich. Zumindest nicht unterwegs. Und Vergleiche zwischen der
Entwicklung von Kindern zu ziehen, sollte man sowieso sehr mit
Vorsicht tun, da jedes Kind anders ist und damit auch seine
individuelle Entwicklung.
Jim
jedoch stellt schon immer wieder recht intelligente und erstaunlich
überlegte Fragen, die uns immer wieder mal verblüffen. Wir sind
gespannt, wie sich die Dinge entwickeln, wenn wir wieder daheim sind
und welche Auswirkungen diese Reise wirklich auf Jimmys und auch auf
Mayas Entwicklung haben werden.
Wir
fahren wieder aus dem Flussbett heraus und weiter über Elbasan gen
Berat.
Irgendwo
auf der Strecke halten wir und kaufen an der Straße an einem Stand
Olivenöl. Das haben wir in Marokko so viele Male gemacht und immer
war das Öl gut bis sehr gut. Nie haben wir darüber nachgedacht,
dass es schlecht sein könnte, so sein Öl zu erstehen. Also haben
wir völlig naiv, so unser Öl in Albanien wieder gekauft und dieses
noch nicht mal vorher probiert. Wir sind schon wieder ein ganzes
Stück unterwegs, als ich dann doch mal eine Flasche (denn wir haben
ja gleich zwei davon erstanden, weil wir Olivenöl reichlich
brauchen) öffne und nur mit dem kleinen Finger hinein tauche und
diesen ab schlecke....häääähhhh...schmeckt aber irgendwie
seltsam. Etwas streng. Gut. Dann halt etwas anders als in Marokko.
Und habe nicht länger darüber nachgedacht.
Keine ½ Stunde später
plagen mich Magenschmerzen und als wir kurz darauf in Berat auf dem
Berat Caravan Camp (ein sehr schöner und gepflegter Platz mit
europäischem Standard und Restaurant) ankommen, geht es mir richtig
schlecht. Ich muss mich mehrfach übergeben und habe Durchfall. Da
ich sonst einen Saumagen habe und es mir magentechnisch höchst
selten schlecht geht, gibt mir das zu denken. Ich überlege, was ich
gegessen habe und irgendwie kommt mir das Olivenöl in den Sinn.
Echt??? Von solch einer homöopathischen Dosis solch eine Reaktion???
Ich erzähle es der Besitzerin des Platzes, die eben auch Olivenöl
aus eigener Produktion verkauft. Oh je, meint sie nur. Niemals
Olivenöl in Albanien an der Straße kaufen. Da seien häufig
kriminelle Menschen dabei, die unter schlechtes Öl Farbstoffe und
dergleichen mischen, damit es gut aussehe. Und da helfe es auch
nicht, vorher zu probieren, weil sie einem dann eine andere Flasche
mitgeben würden. Ich bin völlig baff. Was, wenn wir zu Mittag
bereits einen Salat oder dergleichen für die Kinder davon gemacht
hätten?? Mir wird schlecht. Ich kippe das Öl weg und kaufe bei der
Frau zwei neue Flaschen. Mir geht es schon kurz darauf wieder völlig
gut und so war deutlich klar, dass es eben eine Vergiftung war und
nicht, wie erst vermutet, eine Krankheit.
Ich
versuche, in den nächsten Tagen, möglichst vielen anderen Reisenden
davon zu erzählen und sie zu warnen, ihr Öl hier nicht am
Straßenrand zu kaufen. Möchte nicht wissen, wie es einem ergeht,
wenn man mehr davon erwischt wie ich. Wochen später erfahre ich von
einer reisenden Spanierin, dass es aufgrund ähnlicher Vorkommnisse
vor 30 Jahren in Spanien mehrere Tote gegeben hätte, weil jemand
irgend einen Scheiß in das Olivenöl gepanscht hat. Gruselig.
Anselm
meinte noch, dass er gute Lust hätte, zurück zu fahren und sich den
Händler vor zu knüpfen. Aber das wären gute 100km Umweg für uns
und ich habe keine Lust auf solch einen Stress. Möchte lieber
schönes sehen und erleben.
Also
machen wir uns am nächsten Morgen auf in die Innenstadt von Berat.
Dafür
stellen wir uns unweit vom Campingplatz an die Straße und warten,
bis der erste Kleinbus mit Aufschrift Berat heran fährt. Per
Handzeichen stoppt man diesen und zahlt ca. 80Cent pro Erwachsener
für ca. 10km Fahrt. Wir steigen noch in den Stadtbus um, wo mich ein
älterer Albaner ganz offen anmacht und es dann erst mal nicht wahr
haben möchte, als ich auf seine Frage, ob ich alleine unterwegs
wäre, zu meinem Mann und meinen beiden Kindern deute, die in diesem
Moment ein paar Sitze weiter weg Platz genommen haben. Er bleibt
charmant und zeigt uns die richtige Haltestelle für uns zum
aussteigen und wünscht uns einen schönen Aufenthalt in seinem Land.
Die
Kinder, die bisher nur selten öffentliche Verkehrsmittel benutzen
durften, finden das Fahren mit diesen super spannend und so versuchen
wir, dies immer wieder in unser Ausflüge mit ein zu bauen. Zudem
finden wir auch, dass man die Städte und Menschen anders erlebt,
wenn man auch ihre Verkehrsmittel nutzt. Man sieht so ungezwungen ein
Stück Lebensalltag in den verschiedenen Ländern und kann die
Menschen ein wenig näher beobachten und erleben.
Und
dann sind wir mitten drin in der nächsten UNESCO Weltkulturerbe
Stadt Albaniens BERAT mit ihren Jahrhunderte alten berühmten
osmanischen Altstadtvierteln. Die Stadt liegt an einer strategisch
äußerst günstigen Engstelle am Eingang zur Ebene, an der der Osum
mit einer weiten Flussschleife einen von Süden kommenden
Gebirgsausläufer durchbricht. Hier entwickelte sich über zwei
Jahrtausende die Kala genannte Stadtfestung, die noch heute eine der
wenigen bewohnten Burgen auf dem Balkan ist.
Wir
sehen uns heute das osmanische Viertel, dass am äußeren Teil der
Flussschleife liegt an und laufen dann über die neue Brücke, um uns
auch das christliche Viertel im inneren der Schleife ein wenig
anzusehen. Von beiden Seiten des Flusses hat man jeweils auf die
andere Seite des Ufers spektakuläre Ausblicke.
Das
ganze Ausmaß erfasst man aber eben erst von der Burganlage Kala aus.
Von dort oben sieht man die ganze Flussschleife, den alten und neuen
Stadtteil und weit in die Ebene bis hin zu den Bergen. Wir parken
dafür am zweiten Tag unseren Laster in der Stadt unten und lassen
uns mit dem Taxi zur Burg hoch fahren. Wir sehen uns ausgiebig um,
genießen den herrlichen Ausblick und laufen dann mit den Kindern nur
noch nach unten, zurück zum LKW.
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