Wir
kommen bei Skoura auf die N10 in das Dades Tal, die Route der Kasbahs
(alte und neuere Lehmburgen).
Über
Boumalne-du-Dade und Tinerhir erreichen wir die Todhra Schlucht und
fahren nach wenigen Kilometern in dieser den Campingplatz Atlas an,
der wunderschön zwischen Dattelpalmen direkt am Flusslauf liegt.
Auch
hier treffen wir mal wieder auf andere Reisende und Jim freut sich
über zwei belgische Kinder, die mit ihm über den Platz toben. Mit
Anselm baut er aus trockenem Schilfgras ein tolles Piratenboot und
lässt es unten am Fluss schwimmen.
Wir
legen einen Versorgungstag ein und einen weiteren, um meinen
Geburtstag ein wenig zu feiern und uns bei einer Wanderung in die
Schlucht ein wenig um zusehen.
Dabei
folgen wir einem Pfad die Schlucht aufwärts immer nahe des
Flusslaufes an einigen halb zerfallenen Lehmburgen vorbei und dann
geht es entlang an einem Bewässerungskanal. Jim, der immer kein
großer Freund ist vom Laufen, kann sich hier derart für den
Wasserkanal begeistern, dass er seine vorherigen Ärger vergisst und
nun IN dem Kanal läuft uns dabei sichtlich Vergnügen hat. Da ist es
so schön kühl und nass. Im Flusslauf sehen wir Wasserschlangen und
da wir nicht wissen ob die giftig sind oder nicht, lassen wir das mit
dem ausgiebigen Planschen an dieser Stelle. Wir picknicken und laufen
den Weg dann wieder zurück zum Campingplatz.
Nun
ist hier schon eine Woche der Fastenmonat Ramadan am laufen und wir
können darüber schon ein wenig berichten. Die Versorgungslage mit
Lebensmitteln ist nicht groß eingeschränkt, im Gegenteil. Wir haben
sogar das Gefühl, es gibt mehr wie sonst zu kaufen. Nur das die
Läden in der Regel erst zum späteren Vormittag öffnen. Aber da wir
selten früher unterwegs sind, schränkt uns das nicht ein.
Die
Menschen sind manchmal etwas unfreundlicher und harscher als sonst.
Aber wenn wundert dass, wenn man den ganzen Tag nicht essen, trinken
und VOR ALLEM nicht rauchen darf. Was uns ein wenig seltsam erscheint
ist die Feststellung, dass wir beobachten, dass die Menschen im
Allgemeinen ihren Lebensrhythmus, soweit ihnen möglich, einfach
umdrehen. Das heißt, tagsüber wird nur das allernötigste getan,
ansonsten wird geschlafen. Wir sehen jede Menge Menschen irgendwo im
Schatten liegen und schlafen. Nachts wird jede Menge gegessen,
getrunken (KEIN ALKOHOL, der ist momentan wirklich nicht zu bekommen)
und geraucht, gearbeitet und so weiter. Es wird sogar deutlich mehr
gegessen als sonst. Irgendwie mutet uns das seltsam an. Mit Fasten im
dem Sinn, hat das irgendwie wenig zu tun in unseren Augen.
Wir
haben gehört, dass man im Senegal sogar daran dachte, eine
Schulklasse, die in den Endvorbereitungen zur Abiturprüfung ist,
während dem Ramadan nachts zur Schule kommen zu lassen, weil die
Schüler tagsüber zu schlapp seien zum lernen. Krass oder???
Für
uns ist die einzigste wirkliche Einschränkung, dass wir tagsüber
nicht einfach ein Restaurant zum essen gehen besuchen können, denn
die machen auch erst abends auf, was uns in der Regel zu spät ist.
2-3 Mal lassen wir uns auf einem Campingplatz bekochen und sehen
später in den Touristengegenden, dass da auch das ein oder andere
Restaurant tagsüber Touristen bewirtet. Mir geht es vor allem so,
dass ich wenig Lust verspüre, vor den einheimischen Menschen
tagsüber zu trinken und zu essen und versuche Rücksicht zu nehmen.
Von
einem Einheimischen erfahren wir, dass das mit dem Fasten auch nicht
ganz freiwillig abläuft. Denn wenn man als Moslem in Marokko während
dem Ramadan in der Öffentlichkeit isst, trinkt oder raucht drohen
einem Gefängnisstrafen bis zu 3 Monaten.
Das
finden wir ziemlich krass. Wir lesen, dass dies in Ländern, wie den
arabischen Emiraten z.B. noch viel strenger gehandhabt wird, da dort
auch Ungläubige deswegen Ärger bekommen können.
Ansonsten
verläuft für uns nun schon die dritte Ramadanwoche recht entspannt.
Es ist recht wenig los. Juni ist sowieso ein sehr ruhiger Monat und
dann noch Ramadan. Wir sehen kaum noch andere Reisende.
Ramadan:
Textauszug
aus der Reihe Reiseknowhow Kulturschock „MAROKKO“ von
Muriel
Brunswig-Ibrahim:
Anders
als in Marokko ist die Dämmerung in Marokko sehr kurz. Die Sonne
verschwindet hinter dem Horizont, der Muezzin ruft und die Menschen
eilen in ihre Häuser: Frühstück im Ramadan, dem Fastenmonat. Da
ESSEN beginnt. Erst das Gebet, dann ein paar Datteln, ein Glas Wasser
und die Festtagsharira, die traditionelle Suppe. Ist diese
ausgelöffelt, folgt frittiertes, gebackenes oder gedämpftes Brot
und dazu ein süßer starker Kaffee. Dann folgt die schon fast
obligatorische Ramadan - Seifenoper im Fernsehen, die gespannt
verfolgt wird. Kurz danach löst sich die Familie wieder auf, jeder
wendet sich anderem zu, bis sich dann, drei Stunden später, alle zum
eigentlichen Abendessen wieder treffen.
Der
Tagesablauf ist im Fastenmonat immer derselbe:
Man
steht sehr spät auf, die Männer gehen zur Arbeit, die Frauen machen
ein wenig den Haushalt, wenn sie nicht selbst zur Arbeit müssen.
Spätestens um 15Uhr wird die Hariria, die Suppe, aufgesetzt, das
Kochen beginnt, während die Männer bereits ungeduldig im Schatten
der Bäume sitzen und warten. Für sie kann sich die Zeit noch ewig
hinziehen, für die Frauen vergeht sie von nun an, angefüllt mit
Arbeit, wie im Fluge: Die Tajine für die Nacht wird zubereitet, die
Harira wird gekocht, Orangen werden ausgepresst, Brot wird gebacken.
Am wichtigsten sind aber die Datteln. Denn der Prophet, so sagt es
die Tradition, hat das Fasten immer mit einer Dattel gebrochen.
Der
neunte islamische Monat ist der Fastenmonat Ramadan, und er dauert in
aller Regel von Neumond zu Neumond, also 30Tage. In den Stunden, in
denen man einen schwarzen Faden von einem weißen unterscheiden kann,
d.h. Also während des Tages, ist es den Muslimen nicht gestattet, zu
essen, zu trinken, zu rauchen oder Sex zu haben.
Im
Ramadan ist jedes Essen ein Festessen, häufig wird hier ein
Vielfaches dessen ausgegeben, was man während des restlichen Jahres
für Nahrung aufbringt. Gegessen wird bis zum Morgengrauen, das
wieder mit einem Muezzinruf angekündigt wird.
Der
Ramadan ist eigentlich ein Monat der Rückbesinnung, ein Monat, in
welchem man sich darauf erinnern soll, dass alles Speisen von Gott
sind. Beim Fasten werden dem Menschen die Sünden verziehen, Gott
hält die Tore der Hölle in diesen Tagen geschlossen, so zumindest
sagt man, denn Gott liebt das Fasten. Eine besondere Bedeutung hat
der 27. Ramadan, da Muhammad in dieser Nacht die erste Offenbarung
zuteil wurde. Aus diesem Grunde wird sie in sehr frommen Familien
besonders gefeiert.
Kranke,
Schwache, Schwangere, Reisende und Frauen, die ihre Menstruation
haben, brauchen nicht zu fasten. Es wird ihnen jedoch geraten, die
versäumten Tage nach zu holen.
Während
dem Ramadan spielt sich das Leben vor allem nachts ab.
Die
Leute sind tagsüber weit aggressiver als üblich, frühmorgens sind
fast noch alle Läden geschlossen. Etwa eine Stunde vor Dunkelheit
bemerkt man eine gewisse Hektik. Es wird noch schnell eingekauft,
Frauen hetzten nach hause, um geschwind noch alles fertig zu kochen,
alles ruft nach einem Taxi. Wer um diese Uhrzeit darauf angewiesen
ist, muss sich auf lange Wartezeiten gefasst machen. 15 Minuten vor
dem Iftar, dem „Frühstück“ bei Sonnenuntergang, leeren sich
dann die Straßen. Man sieht die letzten nach hause rennen, und mit
dem Ruf des Muezzins könnte man auf den Boulevards Tango tanzen.
Ein, zwei Stunden später beginnt dann wieder das Leben:
Straßenhändler bauen ihre Stände auf, und bis weit nach
Mitternacht wird die Straße zum Basar.
Die
letzten 10 Nächte sind die schönsten Nächte. Hier pulsiert das
Leben. Man kleidet die ganze Familie neu ein, auf den Straßen werden
Karussells und große Verstärkeranlagen aufgebaut, man fiebert dem
letzten Tag, dem Aid al-Fitr (das kleine Fest), entgegen. An diesem
letzten Tag des Ramadan ist der Höhepunkt des Monats erreicht. Man
schlachtet Schafe, feiert auf den Straßen, Kinder fahren umsonst
Karussell, überall sind Essbuden aufgebaut, Musik tönt laut über
die Straßen. Drei Tage später ist alles wieder vorbei.
Vom
Atlas Camp geht es durch die Todhra Schlucht gen Norden.
Kurz
vor Assoul haben wir wieder einen schönen Platz für die Nacht.
Ein
Einheimischer Obstbauer lädt uns in sein Haus zur Ramadansuppe und
Tee ein.
Wir
bringen Zuckerkuchen, Honigmelone und eine Päckchen Zucker als
Gastgeschenk mit.
Der
Bauer lebt mit seiner Familie in einem wunderschönen Garten voll mit
Mandel,- Oliven,- Kirch,- Pfirsich,- Aprikosen,- Äpfel,-
Granatäpfel,- und Mirabellenbäumen. Zudem sehen wir Weizen und
Kartoffelfelder. Das einfache Haus ist aus Lehm, in der Mitte ein
freier offener Platz auf dem Ziegen und Schafe in einem abgetrennten
Gehege stehen und eine Kuh steht in einem dunklen Raum. Zwar ist eine
Stromleitung und der Kasten dazu schon gelegt, aber noch nicht
angeschlossen. Und so sitzen wir bei dem Licht einer Gaslampe in der
Küche des Lehmhauses auf dem Boden und schlürfen die leckere
Gemüsesuppe, knabbern an dem Fladenbrot und trinken Tee. Die kleine
Tochter des Hauses und unsere Kinder spielen mit vier kleinen
Katzenbabies und wir versuchen uns ein wenig mit dem Bauern zu
unterhalten. Eine schöne Erfahrung, die hier mal nicht im Versuch
endet, uns etwas verkaufen zu wollen oder uns nach Geld oder dergleichen
anzubetteln.
Dann
geht es weiter über Assoul und Tana Richtung Tizi-Tagountsa Pass.
Die
Zufahrt zur Piste müssen wir in einem steinigen trockenen Qued dann
fast suchen.
Die Piste ist recht holprig, stufig und sieht wenig
befahren aus. Es geht eine Zeitlang oberhalb des Qued entlang und wir
haben immer wieder tolle Aussichten in den Canyon hinunter.
Wir
kommen durch zwei Bergdörfer, ansonsten ist die Strecke nicht
besiedelt und wir sehen auch keine Ziegen und oder Schafherden
grasen.
Auf
der Passhöhe erreichen wir dann die Felskante und haben einen
atemberaubenden Blick tief nach unten und in die Weite des Tals vor
uns. Die kurvige Piste schmiegt sich an den Fels und über wirklich
haarsträubende Haarnadelkurven geht es den Berg langsam hinunter. Da
wir die Ausgesetztheit bereits im Blut haben, können wir uns weit
gehenst auf die Hammer Sicht konzentrieren. Auf halber Höhe
durchfahren wir noch einen in den Fels geschlagenen Tunnel aus den
30igern und weiter geht es steil den Berg hinunter. Was für eine
wirklich tolle Strecke. Wir sind ganz begeistert und machen jede
Menge Fotos. Bei Agoudim erreichen wir wieder die Teerstraße und
fahren in Richtung Rich weiter, wo wir kurz vorher einen guten wilden
Stellplatz für die Nacht finden.
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