Am
Nordöstlichen Ende des Stausees Barrage Bin el-Ouidane überqueren
wir diesen an einer schmalen Stelle über eine neue Brücke und
fahren auf der anderen Seite die Berghänge über viele Kurven und
steile Serpentinen die schmale Straße wieder hinauf. Immer wieder
haben wir dabei gute Sicht auf den Stausee und viele rote Lehmhäuser,
ganze Lehmdörfer und große weite Kornfelder. Hier wird weiterhin
intensiv Landwirtschaft betrieben.
Bald haben wir auch das erste mal
freie Sicht auf die Cathedrale des Roches (Steinkathedrale: Diese
gewaltige Felsformation mit Steilwänden und einem lang gezogenen
Gipfelplateau erhebt sich majestätisch rund 500m über dem
Flusstal).
Bei
Tilougguite endet die Teerstraße und es geht über eine gute Piste
weiter über den Fluss Assif Ahansal und durch schöne Pinien
-,Thujen -,Wacholder -, und Steineichenwälder.
Wir
finden direkt an dem Flusslauf, zwischen vielen wunderschön
blühenden Oleandersträuchen, einen schönen Stellplatz für die
Nacht mit tollem direkten Blick auf die Cathedrale. Jim planscht im
Wasser, fängt mit einigen einheimischen Jungs Frösche und
Kaulquappen und lässt diese später wieder frei. Ich entdecke bei
MapsMe einen Weg hinauf auf die Cathedrale und beschließe, am
nächsten Morgen früh los zu ziehen, um auf den Gipfel hinauf zu
laufen.
Die
Sonne ist noch nicht lange aufgegangen, als ich mich mit Oskar auf
den Weg mache. Den Einstieg finde ich nicht gleich und laufe dann
etwas querfeldein bis ich auf den gut sichtbaren und teils markierten
und befestigten Weg nach oben stoße. Es geht noch eine Zeitlang
durch lichte wunderschöne Pinienwälder und ganze Felder von
blühenden Thymian.
Ich laufe noch viel im Schatten der Cathedrale
und bin froh um diesen natürlichen Schattenspender. Es geht zügig
voran und ich brauche MapsMe auf dem Smartphone nur ein zweimal zur
Orientierung, wenn andere Wege kreuzen. Weiter oben wird der Weg
teils recht ausgesetzt und es geht immer wieder steil viele hundert
Meter nach unten. Der Weg ist gut befestigt aber völlig ungesichert.
Nichts für zarte ungeübte Wanderseelen. Ich halte mich wacker (bin
ich ja in letzter Zeit kaum am bergsteigen gewesen) und muss aber
schon stehen bleiben, um die Sicht zu genießen, Bilder zu machen, um
dann wieder mit voller Konzentration weiter zu laufen.
Bald
sind die weiten Täler, Flussläufe, Dörfer und Berghänge, die zur
Landwirtschaft sichtlich genutzt werden, unter mir. Ich bin ganz
alleine unterwegs und genieße den weiten Blick vom völlig solitären
Gipfel aus sehr. Ach, wie gerne bin ich zu Fuß und ganz speziell in
den Bergen unterwegs. Es ist immer wieder ein befreiendes und
erhabenes Gefühl oben zu stehen. Und meine Hüften haben den Anstieg
problemlos mitgemacht. Nur beim Abstieg merke ich sie, der eigentlich
anstrengendere Teil einer Tour und ich bin froh um meine Stöcke,
ohne die es wahrscheinlich gar nicht mehr ginge. Die schattigen
Abschnitte der Tour sind nun deutlich geringer und ich bin froh,
gegen Mittag wieder unten zu sein.
Da
Jim bereits wieder toll mit den einheimischen Kindern spielt, bleiben
wir einfach noch eine Nacht an dem wunderschönen Platz und genießen
diesen in vollen Zügen.
Nun
geht es weiter durch das Flusstal und rechter Hand haben wir dabei
immer wieder spektakuläre Ausblicke auf die Cathedrale des Roches,
dessen gigantische Felswände hier erst richtig sichtbar werden.
Dann
schlängelt sich die gute Piste immer weiter den Berg hinauf und bald
sind wir höher, als der Gipfel der Cathedrale (ca.1990m) und blicken
hinab auf das Flusstal.
Über
die teils sehr ausgesetzte Piste geht es Kurvenreich an den
Berghängen entlang. Wir sehen entlegene Bergdörfer umgeben von
Kornfeldern, wilde Bergflüsse und schroffe Bergspitzen. Wunderschöne
wildromantische Berglandschaften und wären da nicht die Strommasten,
könnte man meinen, wir seien Zeitreisende im Zeitmobil und wir wären
irgendwann ca. 200-300 Jahre oder länger in der Vergangenheit
unterwegs.
Wir
schrauben uns auf den Tizi-n-Ilissi auf ca. 2642m hinauf und auf der
anderen Seite über schmalere Pisten den Berg wieder hinunter. Die
Landschaft und Ausblicke sind einfach grandios und da die Pisten
nicht schwierig sind, würden sich diese bei langsamer und bedachter
Fahrt auch mit einem normalen PKW oder VW Bus befahren lassen. Nur
sollte man keine Probleme mit der Ausgesetztheit der Strecke haben.
Manchmal sind die Pisten schon sehr schmal und es geht auf einer
Seite viele hundert Meter steil hinab.
Wir
erreichen das Valle de l´Ait Bou. Das Tal de Glücklichen. Ein
wundervoller Name für ein Tal. Es wird so genannt, weil das Tal hier
sehr fruchtbar ist und die Menschen viel und gut Gemüse, Obst und
Getreide anbauen können.
Wir fahren das Tal trotz schon frühen
Abend ein ganzes Stück vor. Denn für uns ist es nicht einfach einen
Stellplatz zwischen den engen Lehmdörfern, den Kornfeldern und
Gemüsebeeten zu finden. Als dann wirklich die Geduld der Kinder am
Limit ist, fahren wir bei dem Ort Sidi Moussa einen schmalen Fuhrweg
hinein und stellen uns am Rand eines abgeernteten Feldes hin. Für
eine Nacht geht das gut. Hauptsache wir sind weit genug weg von der
Straße, so das wir Hund und Katze frei laufen lassen und natürlich
die Kinder gefahrlos springen können.
Ein
Schäfer kommt vorbei und die Kinder sind vor allem von einem ganz
jungen Lämmchen ganz fasziniert. Sie dürfen es streicheln und hoch
nehmen. Jimmmy´s Berufwunsch in momentan Ziegen – und Schafhirte
zu werden. Kein Wunder, sehen wir diese ja täglich in hundertfacher
Ausführung.
Am
nächsten Tag machen wir eine kleiner Wanderung hinauf auf den
Mosesberg (2008m), auf dessen Gipfel eine alte runde Lehmspeicherburg
thront. Mit dieser in Sicht und ausgedachten Geschichten zu dieser,
können wir Jim motivieren, den Berg hinauf zu laufen. Von oben hat
man eine wirklich wundervolle Aussicht rund herum, da der
Kegelförmige Berg völlig solitär steht. Ein alter Wärter begrüßt
uns an der Burg. Er kocht Tee für uns und wir dürfen uns in dieser
frei umsehen. Die Burg ist etwa 200Jahre alt und Dank des Engagements
der Talbewohner gut erhalten. Sie diente zur Aufbewahrung von
Wertgegenständen und der Ernte der hier lebenden Familien und birgt
eine dunkle Kammer das Grabmal des Heiligen Sidi Moussa. Die Kinder
haben Spaß daran sich umzusehen und wir trinken den leckeren Tee.
Der Wärter bekommt ein angemessenes Trinkgeld von uns und wir
steigen den Berg wieder hinab.
Weiter
geht es über Agouti und über mal sehr gute und dann wieder wirklich
schlechte Teerstraßen über den Tizi-n-Oubadou Richtung Demnate.
Uns
macht es schon nachdenklich, dass die Menschen hier in solch
schwierigem Gelände leben und Landwirtschaft betreiben. Hier ist die
Erde eben fruchtbar und es gibt Wasser. In weiten Gegenden südlicher,
ist Marokko einfach zu trocken und karg, als das dort etwas wachsen
würde.
Ca.
15km vor Demnate stoßen wir am Straßenrand auf ein großes Schild
„Traces de Dinosaures“. Das wollen wir uns natürlich ansehen.
Wir kommen an ein ummauertes Steinfeld und sofort springen ein paar
Kinder her, die uns das Tor aufschließen. Die Spuren im Fels sind
schnell gefunden. Wir stellen uns vor, wie hier vor einigen hundert
Millionen Jahren Dinos herum spazierten und wir nun deren Spuren
sehen können. Schon krass. Leider gibt es dort keinerlei Infotafel
zu den Spuren und so wissen wir weder welcher Dinos da gelaufen ist
und wie alt die Spuren wirklich sind.
In
Demnate besorgen wir uns noch Brot und Wasser und machen uns dann auf
die Suche nach einem Platz für die Nacht, was auch erst wieder
schwierig ist. Wir kommen auf eine Piste, die sehr schmal ist und am
Hang oberhalb von Demnate entlang führt. Wir fahren sie ein ganzes
Stück vor und und wollen schon wenden, da finden wir einen freien
Platz mit einer Hammer Aussicht auf Demnate und das weite Tal unter
uns. Einer der tollsten Plätze, die wir bisher hatten....zufällig
gefunden, nachdem wir schon fast völlig genervt umdrehen wollten.
Tags
darauf sehen wir uns kurz oberhalb von Demnate das Pont Naturel an.
Dort hat sich der Qued Lakhadar unter der Erde und durch den Stein
durch gegraben und eine Naturbrücke geschaffen. Man kann auf einer
Seite bequem über Treppen hinunter steigen. Unten muss man nicht
viel suchen, um einen Weg über die Felsen unter die Brücke zu
finden und mit ein wenig Kletterei steigen wir in die Höhle/Durchgang
hinein. Ziemlich spannend, vor allem mit den Kindern. Einige
Betonstufen erleichtern das Hochsteigen. Es ist jedoch völlig
ungesichert und wir Eltern schwitzen ein wenig, bis wir mit den
Kindern aus der heiklen Stelle wieder raus sind und auf der anderen
Seite über Treppen wieder hinauf steigen können. Jim fand es
aufregend und wir sehen dort unten viele Vögel, die dort geschützt
nisten.
Nun
wählen wir die Route über die schmale R307 über den Tizi-n-Outfi
und den Tizi-n-Fedrhate Richtung Süden über den Hohen Altas nach
Skoura im Valle du Dades.
Und
wieder geht es dabei durch wilde fantastische Berglandschaft. Die
Teerstraße ist oft in sehr schlechtem Zustand und durch Bergrutsche
teils sehr schmal und verschüttet. Man sieht hier die Naturgewalten,
die sicher jedes Frühjahr dafür sorgen, dass man eigentlich eine
neue Straße machen müsste. Wir sehen eine riesige tote Schlange auf
der Straße liegen. Lebend sah bisher nur Anselm eine im Gebüsch
verschwinden. Wir machen Jim nun verstärkt darauf aufmerksam beim
umher laufen im Gelände achtsam zu sein und möglichst keine großen
Steine aufzuheben.
Bei
einem Bauern kaufen wir einen ganzen Sack voll frischer Kirschen aus
seinem Garten. Wundervoll lecker schmecken diese uns versauen die
Klamotten der Kinder.
Immer
wieder versuchen Kinder sich an den recht langsam vorbei fahrenden
Lastwagen hinten dran zu hängen und wir müssen mehrmals halten und
die Kinder zurecht weisen. Dann ändert sich die Natur wieder. Es
wird trocken und karg und wir haben die südlichen Ausläufer des
hohen Atlas erreicht und sehen das Valle du Dades vor uns.
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