Jim
genießt die geteerte und nur noch wenig beparkte Fläche zum
Fahrradfahren und wir freuen uns sehr darüber, dass der Knoten bei
ihm diesbezüglich endlich geplatzt ist und er Spaß daran hat,
völlig selbstständig Fahrrad zu fahren. Wir müssen nur noch an
seiner Verkehrstüchtigkeit arbeiten.
Ich
bin dann noch mit Oskar ein Stück in den Park rein gelaufen und
habe Ossi, weil uns kurz vor her zwei Ranger darauf aufmerksam
machen, an der Leine.
Die
Landschaft dort oben ist wieder der Hammer. Eine bizarre Felsenwelt.
Eine riesige, vom Wasser aus altem Kalkstein geformte Naturschönheit.
Ein Labyrinth aus Korridoren und Gängen führt zwischen Dolinen und
Senken hindurch. Und da es schon recht spät und die Dämmerung schon
fortgeschritten ist, kann ich nur ein Bruchteil dieses Geländes
sehen und erahnen. Als ich dann noch einer ganzen Schar Steinböcken
begegne, die so gar nicht scheu sind und mich und den nervösen Oskar
auf wenige Meter ran lassen, freue ich mich schon riesig auf den
morgigen Tag und unsere geplante Tour durch dieses tolle Gelände,
dass so spannend ist, dass auch sicher Jim darüber das Laufen
vergisst.
Und
dann die bittere Enttäuschung am nächsten Morgen.
Das
Wetter macht uns dermaßen einen Strich durch unsere Rechnung.
Es
regnet. Aber es regnet nicht nur. Es schüttet aus Kübeln....das
erste mal für uns seit Wochen. Und das viel größere Übel. Es ist
so dermaßen nebelig, dass man nur wenige Meter weit sieht. Ich kenne
solches Wetter aus den Allgäuer Bergen daheim. Und so ein Wetter
verzieht sich in der Regel nicht in wenigen Stunden...meist nicht in
Tagen. Vor allem, wenn der Wetterwechsel so plötzlich kommt.
Wir
besuchen am Vormittag das Besucherzentrum mit kostenlosem Museum und
machen und kundig, was das Wetter angeht. Es soll so bleiben.
Mindestens 2-3 Tage. So lange können und wollen wir nicht ausharren
unter diesen Umständen. Anselm und ich sind schwer enttäuscht, da
wir so gerne mal wieder richtig ausgiebig hätten laufen wollen und
wir beide großes Interesse an diesem Naturpark haben. Aber so ist
es. Also weiter. Die ersten 10km nach unten fahren wir unter großem
Stress quasi blind....ging es da nicht rechts von uns viele viele
Meter senkrecht runter????
Endlich
sind wir wieder raus aus dem Nebel. Nur der Regen lässt selten nach.
Aber wir gönnen der Natur und den Menschen hier den so wichtigen
Regen. Denn, wie wir erfahren, hat es hier schon seit Mitte Februar
Anfang März nicht mehr geregnet.
Wir
kommen heute noch bis Ronda, wo wir auf einen kostenfreien Stellplatz
am Stadtrand einen guten beleuchteten Platz für die Nacht finden.
Wir gehen mit Kindern und Hund noch ein wenig raus und dann ab in den
Laster zum Pennen.
Wir
hatten alle einen seeligen Schlaf bis etwa 1:30.....
Dann
weckte mich ein nahes lautes Geräusch RUUUUUMMMMPPPPSSSS....
SCHEISSE...das
war nicht nur das Geräusch, sondern die Tatsache, dass es UNS durch
schüttelte...Anselm und ich waren sofort so was von wach...klein
Maya leider auch.
FUCK....da
hat uns ein Müllfahrzeug einfach mal unseren Fahrradständer weg
gefahren.
Okay....mitten
in der Nacht, dunkel, es regnet, Polizei, Kind schreit.....aber es
war NUR der Fahrradständer...daher, alles erledigt, alles beruhigt
und wieder schlafen gegangen.
Am
nächsten Morgen kurz überlegt, wie wir jetzt vorgehen.
Sind
dann bei der Polizei im Ort vorbei und haben schnell gemerkt, dass es
eine längere Aktion werden würde, bis wir das Okay der gegnerischen
Versicherung bekämen für eine Kostenübernahme der Reparatur des
Fahrradständers. Zudem dieser ja eine Selbstanfertigung von Anselm
war und kein gekauftes Standardmodel.
Wir
haben keine Lust zu warten und machen uns selbst daran eine Lösung
zu finden.
Wir fahren
in das nahe Industriezentrum. Den Weg dorthin hat uns noch eine
freundliche Polizistin erklärt, die sogar Deutsch konnte.
Dort
sind wir direkt an eine Bosch Werkstatt gefahren, wo uns die
Mitarbeiter bereitwillig halfen eine Lösung für unseren
Fahrradständer zu finden. Sie bekamen heraus, dass wir bis Malaga
zurück hätten fahren müssen, um zu einer Werkstatt zu kommen, die
uns einen neuen Ständer aus Alu fertigen könnte. Ein netter älterer
Engländer bekam unser Problem mit und meinte, er wisse einen sehr
guten Schweißer in der Nähe, der uns einen neuen aus Stahl machen
könnte. Da überlegten wir nicht lange und der Engländer nahm
Anselm und den kaputten Ständer in seinem Auto mit und fuhr ihn zu dem
Schweißer. Ich kochte und versorgte in der Zwischenzeit die Kinder.
Eine knappe Stunde später war Anselm wieder da und konnte berichten,
dass der Schweißer uns einen neuen Ständer bis morgen Vormittag
fertig machen könne und das Ganze für nur 50Euro. SUPER.
Da
dies nun so schnell in die Wege geleitet war, konnten wir uns nun
einer angenehmeren Sache widmen. Wir fuhren in die Innenstadt von
Ronda, parkten unseren Laster auf einem bewachten Parkplatz (wenn es
so was gibt, zahlen wir gerne ein paar Euro und lassen den Laster
dann mit einem guten Gefühl stehen) und gehen zu Fuß in die Stadt
hinein. Ronda (ca. 30.000 Einwohner) mit seinen meist weißen
Häusern, sitzt auf zwei Felsen und wird durch die tiefe Schlucht El
Tajo, in der der kleine Rio Guadalevin fließt, dramatisch getrennt
in die Alt – und Neustadt.
Drei
Brücken verbinden die beiden Stadtteile und die bekannteste und am
meisten abgelichtete ist die Puente Nuevo.
Weil
die Stadt so hoch oben auf den Felsen sitzt, hat man fast rundum eine
gigantische Sicht in die Tiefe und Weite.
Wir
gehen auf einer Art Panoramaweg in die Stadt hinein und haben dann
einen tollen Blick in die Schlucht, auf die jeweils andere Seite der
Stadt und die tollen Brücken, die die beiden Stadtteile verbinden.
Die
Kinder machen unseren Stadtbummel zwei gute Stunden super mit, da wir
auch noch einen tollen Spielplatz finden. Doch dann wechselt die
Stimmung und es fängt an zu regnen, so dass wir zum Laster zurück
gehen und für die Nacht wieder auf dem selben Platz fahren, wie
schon die Nacht zuvor.
Ich
gehe dann noch mit Oskar los und finde zufällig einen markierten
Rundweg, der mich an den Grund der Felsenwände und des Tobels führt,
mich zwingt barfuß durch den kleinen Fluss zu waten da ich auch
nach längerem Suchen keine Brücke finden kann und dann mit
gigantischer Sicht auf die beleuchtete Puente Nuevo wieder in die
Stadt hoch führt. Am Schluss bin ich mal schnell und spontan
5Kilometer mit Ossi Gassi gegangen und habe noch richtig was sehen
können dabei. Hier ist es jetzt auch sehr herbstlich. Einige Bäume
sind schon kahl, andere richtig bunt gefärbt.
Die
Stadt hat uns sehr beeindruckt (wie auch schon Rilke, der sich 1913
hier eine Weile aufgehalten hat) und wäre es mal wieder wert,
genauer angesehen zu werden. Aber das Wetter lässt uns nun richtig
im Stich uns seit 3 Tagen regnet es in Strömen und zudem ist es spürbar kühler geworden und die
Temperaturen bewegen sich meist so um die 15°.
Wir
ziehen es also vor weiter zu fahren.
Aber
vorher holen wir den fertigen Fahrradständer ab, der pünktlich
fertig ist und perfekt passt. Wir bedanken uns sehr bei dem
Engländer, der uns sogar noch mal zu dem Schweißer begleitet hat
und bauen den Ständer an den Laster, der jetzt zwar aus Stahl und
damit ein wenig schwerer als der alte ist. Da wir jetzt aber den
Buggy für Maya nicht mehr auf dem Ständer sondern in der Klappe
unterm Bett haben (die neuen Stühle und Tische nehmen weniger Platz
als die alten ein....ein guter Vorteil), konnten wir den gleich ein
ganzes Stück kürzer machen lassen.
Wir
sind sehr zufrieden mit uns, dass wir dieses blöde Problem so
schnell und doch recht stressfrei lösen konnten und mal wieder froh
und dankbar, dass wir in solchen Momenten einfach meist den richtigen
Menschen über den Weg laufen.
Wir
lassen uns eine Quittung von dem Schweißer geben, da wir eventuell
versuchen werden, dass Geld von der Versicherung des
Unfallverursachers wieder zu bekommen. Aber andererseits besteht
wahrscheinlich wenig Hoffnung, da wieder was von zu sehen und da es
nicht teuer war, wissen wir nicht, ob wir uns überhaupt herum
schlagen wollen mit der Versicherung.
Gegen
Mittag sind wir startklar und machen uns auf den Weg nach Vejer de la
Frontera.
Dabei
führt uns unsere Route durch ungewohnt grüne Landschaften am Rande
des Naturparks Sierra de Grazalema entlang und dann mitten durch den
Naturpark Los Alcornocales.
Dieser Park besteht aus einem riesigen
Waldgebiet, in dem überwiegend wunderschöne, teils recht alte und
große Korkeichen wachsen, die meist halb nackt dran stehen, da
gerade oder vor kurzem Kork geerntet wurde. Dabei stehen die Bäume
teils so nah am Straßenrand und ragen mit ihren Ästen weit über
die sehr schlechten und sehr kurvigen Straßen hier, dass Anselm
meist in der Mitte der Straße fahren muss.
Ich finde es wunderschön.
Anselm klagt über das anstrengende Fahren hier, da die Straße recht
schmal, mit Schlaglöchern und Rissen gespickt und recht
unübersichtlich sind, weil so kurvig und ausgesetzt. Mehr als einmal
muss er bei plötzlichem Gegenverkehr heftig bremsen.
Als dann Maya
das erste Mal auf dieser Tour spucken muss, überlegen wir heute
nicht mehr bis nach Vejer zu fahren. Maya ist schnell wieder
fröhlich und die Straßen werden nach guten 80Kilometer wieder besser und verlaufen gerader. So packen wir die letzten Kilometer auch
noch und kommen auf einem einfachen und wenig besuchten Campingplatz
unterhalb von Vejer an.
Es
regnet noch immer und soll auch eher so bleiben.
Wir
werden uns Vejer noch ansehen, uns mit allem nötigen Versorgen und
dann nach Marokko übersetzen.
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